Montag, 30. November 2009

22.IDFA, Abschluss

IDFA is over, das originelle vegetarische Essen ist mir tatsächlich nicht so bekommen (die Heimreise im Zug war nicht nur für mich, sondern auch für die anderen Fahrgäste in meinem Abteil recht ekelig...). Dennoch habe ich wunderschöne Eindrücke von Filmen, Menschen und Ereignissen im Kopf und mir gehts auch schon wieder besser.

1000 Dank Anja für die super Unterkunft in deinem Mäusereich (auf der Zeichnung von ihr sind Marcus und ich die beiden Coolen mit der IDFA-Accreditationcard)! The IDFAmiliy rules! Bye, bye, c u next year!

Sonntag, 29. November 2009

IDFA, Samstag 28.11.


Zwischen zwei Filmen haben ich mit ein paar Freunden das wohl originellste vegetarische Essen gekocht: Sauerkrautauflauf mit Sojawurst und Pilzsoße (kein Wunder, dass mir danach etwas schummerig war)!

Davor gesehen: Which way home (http://whichwayhome.net/). Dramatisch-schöner Reisebericht von Kindern (fast nur Jungs um die 13Jahre), die versuchen von Mexiko in die USA zu gelangen. Gut erzählt, gut gefilmt.

Danach gesehen: Garbage Dreams (http://www.garbagedreams.com/). Die Ärmsten der Armen von Kairo, Zaballeen genannt, sind seit Jahrzehnten für die Müllentsorgung der Stadt zuständig. Vorbildlich, aber wohl eher aus ökonomischen statt ökologischen Gründen, sammeln sie den Müll der Reichen, um ihn in mühsamer Handarbeit mit einfachster Technik zu recyclen. Bis eines Tages ausländische Unternehmen kommen und ihnen die Arbeit wegnehmen... Die Zaballeen müssen umdenken: sie eröffnen eine Recyclingschule und schicken ihre Schüler ins Ausland, um moderne Müllentsorgung zu lernen. Gut erzählt, gut gefilmt, wobei der Anfang etwas unübersichtlich daherkommt, der Mittelteil mit den Jungs in Wales, die dort ob der modernen Maschinen Bauklötze staunen, sehr lustig ist und der Schlußteil schön auf den Punkt kommt.

Samstag, 28. November 2009

IDFA, Nachtrag zu Freitag 27.11.


kleines Highlight außerhalb der IDFA: ein Nähmaschinenkonzert im Theater Brakke Grond!

IDFA, Freitag 27.11.


Keiner der Filme, die ich gesehen habe hat gewonnen... bis auf The Yes Men fix the world, der den IDFA Doc U award bekommen hat. Die anderen Gewinner sind: Last Train home (best feature length documentary), The Player (dutch documentary award), The most dangerous man in America (special jury award), Iron Crows (best mid-length documentary), Six Weeks (best short documentary), Colony (first appearence award), The Cove (audience award), Redemption (student award).

Ich dagegen hab gestern fünf(!) mittelmässige Filme gesehen: Dreamland, Mumbai disconnected, The accidental terrorist, Welcome to North Korea! und Eyes wide open in der Wiederholung - da ich beim ersten Sehen das Gefühl hatte, viele Infos verpasst zu haben. Beim zweiten Mal habe ich tatsächlich sehr viel mehr verstanden, da ich dann auch die Bilder etwas länger genießen konnte und nicht nonstop Untertitel lesen musste! Dieser Film ist aber leider zu textlastig und vollgestopft - man hätt locker drei Teile daraus machen können oder sogar zu jedem südamerikanischen Land, in das der Regisseur Gonzales Arijon reist, einen eigenen Film.

Dreamland bot sehr schöne Landschaftsaufnahmen von Island, war aber inhaltlich sehr redundant, um nicht zu sagen langweilig (Aussage: die Aluminiumindustrie schädigt die Natur), so dass es im Grunde auch ein Video von Björk getan hätte.

Von Mumbai disconnected hatte ich mehr erwartet, da Dr Marcuse so davon geschwärmt hatte. Die drei Protagonisten (ein Inder des Mittelstands, der den Bau eines Flyways in Bombay leitet, eine reiche Inderin, die dagegen ist und ein armer Inder, der von einem eigenen Auto träumt) waren zwar allesamt sympathisch, so richtig nahe gekommen ist der Regisseur ihnen aber nicht. Dennoch war der Film gut geschnitten und bot eine Ereignisskette, der man gut folgen konnte.

Welcome to North Korea! war, wie die Regisseur vor der Projektion selbst meinte, ein reines Tourivideo. Leider nicht besonders gut gedreht und auch nicht in die Tiefe gehend - was verbirgt sich nun wirklich hinter der Fassade, die Nordkorea der Handvoll Touristen im Jahr, die ins Land reisen dürfen, präsentiert? Wie sieht das Leben der Menschen dort tatsächlich aus? Was würden sie sagen, wenn sie frei reden dürften?

Der letzte Film, The accidental terrorist, war sehr ambitioniert konzipiert: ein junger muslimischer Däne mit türkischem Hitnergrund begibt sich auf die Spur nach einem Mann mit ähnlicher Vergangenheit, der aber in den Fanatismus abdriftet und für ein geplantes Attentat in Bosnien im Gefängnis landet. Aus der Ich-Perspektive erzählt nähert sich der Film grundlegenden Fragen zum Thema Religion und Freiheit und schließt mit der schönen Feststellung: "The most important thing in life is to have a sense of belonging."

Donnerstag, 26. November 2009

IDFA, Donnerstag 26.11.09

Zwei Filme hintereinander gesehen: Addicted in Afghanistan und BANANAS! (http://www.bananasthemovie.com/). Während ersterer so Amateurhaft daherkommt, dass einem von der wackligen DV-Kamera und dem hektischen Schnitt schlecht wird (obwohl das Thema durchaus seine Berechtigung hat), stellt der zweite eine super strukturierte Thriller-Doku dar - der spannende Gerichtsprozeß hatte geradezu Allie Mc Beal-Charakter. Unglaublich aber wahr: nicaraguanische Plantagenarbeiter haben es endlich geschafft, Arbeitgeber Dole in die Knie zu zwingen und für die Folgen des Pestizideinsatzes auf den Feldern zu entschädigen.

Mittwoch, 25. November 2009

IDFA, Mittwoch 25.11.09



















George Gittoes beim durchblättern seines Zeichenbuchs, in dem er Ideen für seinen nächsten Film über die (Vampir-)Taliban in Afghanistan festhält.

Nach zwei sehr langen und lehrreichen Interviews mit Mika Ronkainen und George Gittoes u.a. über "documentary comedy" als eigenes Subgenre der Gattung, bin ich mit Verspätung in den Film The moon inside you geschlichen - den ich asolut nicht verpassen wollte, hatte ich doch 2007 den vielversprechenden Pitch auf dem Discovery Campus in Leipzig gesehen. Die junge Solvakische Regisseurin hat auch genau das verfolgt und umgesetzt was sie untersuchen wollte, nämlich ihre Menstruation.
Bei den nächsten beiden Filmen, Farewell und Titticut Follies von Wiseman bin ich eingeschlafen, um dann wieder hellwach für die Perle des Tages (und wohl auch des Festivals!) zu sein: The Peddler (El ambulante)! Doofer englischer Titel, irre lustige Doku! Lange nicht mehr so gelacht und berührt gewesen. Tolle Geschichte von einem, der auszieht, den Dörflern Südamerikas das Filmgeschäft zu lehren: der 67jährige(!) Daniel Burmeister (Autodidakt und Alleskönner) reist von Dorf zu Dorf, um mit den Einwohnern vor Ort trashige Spielfilme zu drehen, deren Premieren dann unter dem gröhlenden Gelächter der Gemeinschaft auf Plastikgartenstühlen im Dorfsaal stattfinden - und wieder hat die doccomedy einen Beitrag mehr.

IDFA, Nachtrag zu Dienstag 24.11.09

Als sich ergänzende Gegenüberstellung erwiesen sich gestern noch zwei Filme: Eyes wide open - A Journey through today's South America und The shock doctrine, eine Verfilmung des Buches von Naomi Klein durch Michael Winterbottom (The Road to Guantanamo). Während ersterer die politische Lage in den Ländern Südamerikas von den 1970ern bis heute aus lateinamerikanischer Sicht (und in Ich-Perspektive an Präsident Lula gerichtet) skizziert, widmet letzterer sich aus amerikanischer (und sehr didaktischer Sicht) der Aufarbeitung der US-Geschichte. Beide Filme zitieren dabei Milton Friedmans Ausspruch "only a crisis produces change" - nur aus der jeweils entgegengesetzten Perspektive.

IDFA, Dienstag 24.11.09



















Eine absolute Überraschung war der Film The miscreants of Taliwood (http://gittoes-miscreants.blogspot.com/). "Feel free to laugh as much as you want" lautete die Ansage von Regisseur George Gittoes vor der Projektion. Meistens blieb uns das Lachen allerdings im Halse stecken, wussten wir doch nicht, ob da jemand gerade wirklich erschossen wird oder nicht. Vom kitischigen Bollywood-Plakat darf sich der westliche Blick ebenso nicht irreführen lassen: der 60jährige Regisseur und Hauptsdarsteller des Films im Film(!), schildert zielsicher die Lage für Künstler im heutigen Pakistan unter dem Terrorregime der Taliban.
Stolen, das Erstlingswerk von einem australischen Pärchen kommt dagegen etwas holperig daher: auch wenn die Entdeckung von Sklaverei in einem Flüchtlingscamp der UNO in Westsahara schokiert - wie diese moderne Form der Knechtherrschaft (wenn sie denn überhaupt existiert) aussieht bleibt den ganzen Film über unklar. Und als im Epilog eine "Sklavin" zur Premiere des Films nach Australien kommt ist ebenso offen, ob sie es aus freien Stücken tut oder tatsächlich im Teufelskreis der Sklaverei gefangen ist?

Montag, 23. November 2009

IDFA, Montag, 23.11.09




















Im Regen über Pfützen hüpfend, den Straßenbahnen ausweichend bin ich durch die Massen zum Kino gelaufen (Joris Ivans hätte seine Freude gehabt). Erster Film des Tages: Male domination von Patric Jean, der leider nicht anwesend war - schade, hatte ich ihn doch 2003 in Lussas zu seinem Film La raison du plus fort interviewt und gerne über den Fortgang seiner Dokfilmerkarriere geplaudert. Leider reicht sein neuer Beitrag nicht an den Vorgänger heran - zu konfus, Textlastig und mit unbegründeter Überlänge - und dass, obwohl der Einstieg (eine Penisverlängerungs-OP live), wie auch die Rahmenhandlung (Jean füllt eine gigantische Pinnwand mit Phallusbildern) sehr eindrucksvoll waren.

Der anschließende Film, Space tourists, bot da einiges mehr, vor allem auch einen guten Spannungsbogen und die zum Teil gelungene Parallelmontage von der reichen Anousheh, die ins All fliegen wird, während arme Kasachen die herunterfallenden Raketenteile aufsammeln. Sehr eindrucksvolle Bilder sowohl auf Erden als auch im All.

Letzter Film des Tages und gleichzeitig absolutes Happening: The Yes Men fix the world http://theyesmenfixtheworld.com/)! Knaller, super Stimmung im 860-Sitze(!) vollen Tuschinskisaal und das Highlight war das QnA im Anschluss. Laurel kam mit Koffer und Laptop ins Kino gestürmt, um Kollege Mike via W-LAN live aus den USA zuzuschalten. Ein irrer Spaß und Weltverbesserungsmaßnahmen, die in einer Spendenaktion im SurvivaBall-Kostüm endete – mehr kann Dokumentarfilm wahrlich nicht leisten! Schaut Euch die Aktionen der Yes Men an und macht mit unter: http://theyesmen.org/.



22. IDFA - Auftakt
















Festivalauftakt mit irrer Finnenparty in den Heeren van Amstel. Die Freetime Machos (http://freetimemachos.blogspot.com/) haben ihrem Namen alle Ehre gemacht und gezeigt, was in ihnen steckt - bis 2Uhr früh haben wir mit den Hauptdarstellern (siehe Foto) und der Band Kookma (oder so) abgehottet. Eine rundum gelungene Party, die ihren Zweck erfüllt hat: den Film publik machen. Auch wenn dieser inhaltlich nicht viel hergibt - was sollen die schlechtesten Rugbyplayer der Welt schon groß zu erzählen haben? -, feiern können sie.
Parallel lief Food inc. (http://www.foodincmovie.com/), der das kulinarische Kino auf der diesjährigen Berlinale eröffnete. Formal-ästehtisch sehr ansprechende HD-Aufnahmen und Animationen, die man von der dokumentarischen Aufnahme kaum unterscheiden kann und abstoßend-aufwühlende Bilder von abgeschlachtetem Vieh, aber inhaltlich nicht besonders innovativ - für ein naives, übergewichtiges Publikum mögen die Auswirkungen von Massentierhaltung und Genforschung in der Nahrungskette neu sein, alle anderen sollten schon wissen, was sie da täglich zu sich nehmen.